Ferdinand Weibert (1841-1926) I

Editorial


 

Verleger des Göschen-Verlags, zu dem Keller nach schwierigen Erfahrungen mit Vieweg wechselte.

Bei Weibert sind erschienen: Sieben Legenden (1872), Die Leute von Seldwyla (2. vermehrte Auflage, 1874), Züricher Novellen (1878), Der grüne Heinrich (2. Auflage, 1879/80).
1885 gingen sämtliche Werke an den Verlag von Wilhelm Hertz über.

Anzahl registrierte Briefe: 103 an, 96 von Keller (197 ZB Zürich)

Bei Abschluß der Ausgabe kamen 24 weitere, bisher unbekannte Hertz-Briefe zum Vorschein. Sie konnten hier nicht mehr berücksichtigt werden.


 

2. 8. 1871  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 97; GB 3.2, S. 223>

Stuttgart 2 August 1871.

Hochverehrter Herr
 
vor wenigen Tagen habe ich zum ersten Male in Heyse u Kurz's Novellenbuch "Romeo u Julia auf dem Dorfe" gelesen, und ich bin jetzt noch ganz entzückt von dieser wunderbar schönen Erzählung.

     Gestatten Sie mir, Ihnen für diese geniale Schöpfung meine vollste Bewunderung auszusprechen, und erlauben Sie mir eine etwas eigennützigere Nebenabsicht gleichbald damit verknüpfen zu dürfen. Und diese ist nichts mehr noch weniger, als bei Ihnen anzufragen, ob Sie sich nicht entschließen könnten Einiges aus Ihrer Mappe, welche gewiß manches Fertiges enthält, meiner G. J. Goeschenschen Verlagshdlg zum Verlage zu übertragen.

     Ich habe diese alte Handlung vor 2 Jahren aus den Händen der Eigenthümer der Cottaschen Buchhdlg angekauft, u wie Sie aus dem unter Xband folgenden Kataloge ersehen wollen, befinden sich die besten Namen, wie Lessing Klopstock Wieland Thümmel pp | darunter. Ich bemühe mich diese Handlung, welche im Besitze Cotta's ihren Schiller und Goethe Verlag verlor, und seit 30 Jahren gezwungen war auf Neues zu verzichten, auf ihre alte Höhe zurückzuführen, und das Beste für sie zu erwerben.

     So habe ich in der kurzen Zeit seit diese Handlung in meinen Händen ist, dieselbe mit Herwegh's Gedichten 9t. Aufl., mit Freiligraths gesammelten Dichtungen 6 Bde bereichert, und dazu Moerikes sämmtliche Dichtungen und Freiligraths sociale u pol. Gedichte angekauft.

     Für die nächste Zeit ist mir von Herwegh ein zweiter Band Gedichte und von Moerike die 2te Auflage des "Maler Nolten" zugesagt.

     Ferd. Freiligrath, dieser vortreffliche und mir äußerst freundschaftlich gesinnte Dichter, bestärkte mich in der Absicht, Etwas aus Ihrer vortrefflichen Feder für meine Verlagshandlung zu erwerben, und erklärte sich sehr gerne bereit, mein Gesuch mit persönlicher Empfehlung zu unterstützen. |

     Könnten Sie sich nun, hochverehrter Herr, entschließen mir Etwas zu übertragen? Es würde mir zu hoher Ehre gereichen, meinen Verlag mit Ihrem Namen schmücken zu dürfen!

     Ich empfehle mich Ihrem geneigten Wohlwollen und verbleibe

                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebener
                                                Ferd. Weibert.
                                                G. J. Goeschen'sche Verlagshdlg.

 


 

20. 8. 1871  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/1; GB 3.2, S. 225>

Hochgeehrter Herr!
 
Ich bin Ihnen sehr verbunden für die freundliche Zusendung, mit welcher Sie mich unter'm 2 d Mts. beehrt haben.

     Eine größere Arbeit, welche mich seit Jahren, wenn es die Muße erlaubt, beschäftigt, ist mit Beziehung auf das Verlagsgeschäft schon untergebracht resp. verpflichtet.

     Dagegen liegt ein wunderliches Werklein vor, das im Druck etwa 8-10 Bogen stark würde, und das ich einmal wieder vornehmen | und durchsehen will. Wenn ich dazu gelange, dasselbe zu überarbeiten, und zu veröffentlichen, so wird es mir Vergnügen machen, Ihnen alsdann die Sache mitzutheilen, da die Verlagsgesellschaft, welche Sie unsereinem anbieten, eine so gute u ehrenvolle ist.

     Mir also weitere Mittheilungen vorbehaltend empfehle ich mich mit

                                                ausgezeichneter Hochachtung
                                                als Ihr ergebenster
                                                Dr. Gottfr. Keller
Zürich 20 August 1871

 


 

22. 8. 1871  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 98; unveröffentlicht>

Stuttgart 22 August 1871.

Hochverehrter Herr
 
Ihr Geehrtes vom 20 dss ist mir geworden, und mit großer Freude habe ich daraus erfahren, daß Sie meinem Verlage ein 8-10 Bogen starkes Werklein übertragen wollen. Möchte es Ihnen nur gefallen, dasselbe recht bald druckfertig zu machen!

     Vielleicht erlaubt es Ihre Muse, das Werkchen noch diesen Herbst für den Weihnachtsmarkt zu bringen - wie Sie nun auch darüber bestimmen: jeder Tag an welchem Ihr Manuscript eintrifft (und ich kann nur beifügen je eher, je lieber) wird mir ein Ehrentag sein.

     Mit lebhaftem Bedauern erfahre ich, daß Sie ein größeres Werk schon anderwärts versagt haben. Sollte sich dabei, ob nun früher oder später, eine jetzt noch unvorhergesehene Aenderung Ihrer Absichten ergeben, so möchte ich nur wünschen, daß Sie sich dann meiner Firma erinnerten.

     Und nun noch Eines: Sie haben wohl im Laufe der letzten | Jahre kleinere Novellen da oder dort veröffentlicht (ich glaube mich einer Erzählung in Auerbachs Kalender - den ich leider gerade nicht zur Hand habe - zu erinnern, auch meine ich in früheren Jahren mehrfach Ihren Namen bei ähnlichen Gelegenheiten gefunden zu haben.) Würden Sie nun nicht die Absicht haben, solche Stücke in Einen Band zu sammeln, und unter einem Collectivtitel: Novellen, Erzählungen oder dergl. zu veröffentlichen?

     Mit aufrichtigem Vergnügen, würde ich eine derartige Sammlung mit meiner Firma auf dem Markte erscheinen sehen!

     Ich verbleibe

                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                Ferd Weibert
                                                G. J. Goeschen'sche Verlagshdlg.

 


 

28. 12. 1871  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/2; GB 3.2, S. 225>

Zürich 28 Dec. 1871.

Hochgeehrter Herr!
 
Es war mir nicht mehr möglich, Ihnen mitfolgendes Manuskript vor Weihnachten vorzulegen, wie Sie es gewünscht hatten.

     Dagegen stehen Ihnen nunmehr diese "Sieben Legenden" für Ihren Verlag zur Verfügung, insofern Sie noch immer Lust dazu haben. Im letzteren Falle würde ich Sie bitten, einen Contrakt zu entwerfen, in welchen ich meinerseits die Bedingung aufgenommen wünschte, daß wenn ich oder meine Rechtsnachfolger je dazu kämen, gesammelte Werke von mir herauszugeben (was in den nächsten Jahren keinesfalls in Aussicht steht, da eben nichts zu sammeln ist) alsdann diese "Sieben Legenden" ohne Weiteres in solche "gesammelte Werke" aufgenommen werden dürfen.

     Was die Größe der Auflage und das Honorar betrifft, so wünschte ich, daß Sie (indem ich seit Jahren derartigen Verkehr nicht mehr hatte) die Ihnen angemessen u zweckmäßig scheinenden Vorschläge | machen möchten.

     Auch wünschte ich, daß das Werklein noch vor Ostern erschiene, aus persönlichen Gründen, ansonst ich es noch liegen gelassen hätte.

     Ich habe geglaubt, ein kleines Vorwort machen zu sollen. Wenn Sie Herren Professor Vischer in Stuttgart kennen u Sie vielleicht ebenfalls Zweifel in die Zweckmäßigkeit eines solchen setzen, so haben Sie vielleicht die Güte, ihm, wenn Sie den Druck wirklich beschließen, dasselbe zu zeigen. Er weiß von der Sache. Wenn er der Ansicht wäre, gar nichts zu sagen, so würde man das Vorwort einfach weglassen.

     Ihre gefälligen Mittheilungen nun gewärtigend verbleibe ich mit ausgezeichneter Hochachtung

                                                Ihr ergebenster
                                                Gottfried Keller

 


 

30. 12. 1871  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 100; GB 3.2, S. 226>

Stuttgart 30 Decbr 71.

Hochverehrter Herr
 
Ihr Geehrtes vom 28dss ist mir mit dem beigelegten Manuscript richtig geworden, und es hätte mir kein schönerer Neujahrsgruß werden können, als ein so herziges Werk aus Ihrer Feder.

     Ob ich den Verlag übernehme? Gewiß und mit großer Freude, wie ich auch das Manuscript sofort in die Druckerei beförderte. Revisionsbogen werden Ihnen demnächst zugehen, so daß das Werk in ca. 14 Tagen ausgesetzt sein wird. Mit dem Drucke möchte ich aber erst einige Wochen später beginnen, weil ich tagtäglich auf ein Manuscript von H. Lingg warte, und darnach die Papierbestellung aufzugeben wünsche.

     Die Versendung könnte ohnedem nicht vor Ende Februar stattfinden, weil die Sortimenter in den nächsten 8 Wochen vollauf mit Remittiren beschäftigt sind, und in dieser Zeit erfahrungsgemäß fast | nichts für Neuigkeiten thun.

     Ich erlaube mir Ihnen anliegend Contract in duplo zu übermachen, und hoffe daß die Paragraphen nach Ihren Wünschen eingerichtet sein werden.

     Was das Honorar betrifft, so habe ich den Ansatz Ihrem besseren Ermessen vorbehalten, und bitte ich Sie die Ausfüllung vorzunehmen. Ich möchte Ihnen desfalls in keiner Weise vorgreifen, indem ich überzeugt bin, daß Niemand ein Werk besser zu schätzen weiß, als der Autor selbst.

     Schließlich danke ich Ihnen vielmals für das Vertrauen, das Sie durch die Verlagsübertragung in mich setzen, und wünsche Ihnen von Herzen ein glückliches NeuJahr, der ich verbleibe

                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                Ferd. Weibert.

 


 

30. 12. 1871  Vertrag "Sieben Legenden"

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 101; GB 3.2, S. 228>

Vertrag
zwischen
Herrn Dr Gottfried Keller in Zürich
und der
G. J. Göschen'schen Verlagshandlung in Stuttgart
sowie deren beiderseitigen Rechtsnachfolgern.

§. 1.,

Herr Dr G. Keller überträgt der G. J. Göschen'schen
Verlagshandlung das Verlagsrecht eines Werkchens, betitelt:
"Sieben Legenden".

§ 2,

Das genannte Werkchen soll in einer hübschen Octav-
 ausgabe hergestellt, und in einer Auflage von
1200 Exemplaren abgezogen werden.

§ 3,

Der Herr Verfasser erhält für diese, wie für jede
folgende, Auflage von gleicher Stärke als Honorar
die Summe von: 350 (dreihundert u fünfzig) Gulden S. W.
zahlbar bei Unterzeichnung dieses Vertrags, resp. bei
Drucklegung weiterer Auflagen, sowie 12 Freiexemplare.

§ 4.,

Die Aufnahme vorbenannten Werkchens in
eine später zu veranstaltende Gesammtausgabe seiner
Werke ist dem Herrn Verfasser ohne jeglichen Vorbehalt
freigestellt.

Stuttgart und Zürich 30 December 1871.

G. J. Göschen'sche Verlagshdlg
Dr. Gottfried Keller

 


 

7. 1. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/3; GB 3.2, S. 227>

Zürich 7 Januar 1872.

Hochgeehrter Herr!
 
Ich danke Ihnen höflichst für Ihre abermaligen freundlichen Zeilen vom 30 Dec. 71 u die zuvorkommende Uebersendung des Contracts über die "Sieben Legenden".

     Den Honorarpunkt habe ich mit dem Ansatz von 350 fl. süddeutscher Währung erledigt. Betreffend die Freiexemplare bin ich wegen einer Menge diesfälliger Verbindlichkeiten etwas verlegen. Wenn es sein könnte, so würde ich gerne 25 Exemplare erhalten u dagegen bei allfälligen künftigen Auflagen auf weitere Freiexemplare | verzichten. Doch stelle ich diesen unerheblichen Punkt Ihrem Ermessen ganz anheim. Am Besten wäre es, wenn die Herren Buchhändler in's Gemein beschließen würden, die Freiexemplare ganz abzuschaffen bis auf 2 Stück.

     Ich sehe nun mit Vergnügen der Mittheilung der Revisionsbogen entgegen und verbleibe inzwischen, indem ich Ihnen für das angetretene neue Jahr ebenfalls meine besten Glückswünsche darbringe, mit ausgezeichneter Hochachtung

                                                Ihr ergeb.
                                                G. Keller

Das eine Vertragsexemplar folgt anbei zurück

 


 

12. 1. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 102; unveröffentlicht>

Stuttgart 12 Janr 1872

Hochverehrter Herr
 
Im Besitze Ihres Geehrten vom 7dss nebst dem beigelegten unterfertigten Conctract beehre ich mich heute Ihnen das stipulirte Honorar de F 350- in rt 200.- preuss. Cassenscheine

für die erste Auflage der "Sieben Legenden" zu übermachen, wofür Sie meine Handlung unter gelegentlicher Empfangsanzeige gefl. erkennen wollen.

     Die Freiexemplare anbelangend, so sollen Ihnen 25 Exemplare nach Vollendung des Druckes übersandt, und diese Angelegenheit sonach ganz Ihren Wünschen entsprechend erledigt werden.

     Die Sieben Legenden sind nahezu ausgesetzt (sie geben 9¼ Druckbogen) und erhalten Sie in den nächsten Tagen sämmtliche Revisionsbogen. Ich habe die Sache sehr beschleunigt, weil mit übermorgen bei uns Setzer u Drucker-Strike eintritt - die guten Leute wollen nicht weniger als 40% Lohnaufschlag u 2 Stunden täglich weniger Arbeitszeit. Mit andern Worten, die Herstellungskosten eines Werkes werden sich nahezu verdoppeln.

     Ich verbleibe in
                                                ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebener
                                                Ferd. Weibert.

 


 

15. 1. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/4; unveröffentlicht>

Von Herren Ferd. Weibert, Namens der G. J. Göschen'schen Verlagshandlung, Preußische Cassenscheine im Betrage von rt 200 = fl. 350 = Fr. 750 als Honorar für die erste Auflage meiner "Sieben Legenden" mittelst Briefes vom 12 Januar 1872 heute richtig empfangen zu haben

                                                bescheinigt
Zürich den 15 Januar 1872
                                                Dr. Gottfr. Keller.

 


 

18. 1. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/4; GB 3.2, S. 228>

Hochgeehrter Herr!
 
Indem ich für die gefäll. Uebersendung des stipulirten Honorars für die "Sieben Legenden" meinen verbindlichen Dank abstatte, beehre ich mich, Ihnen einen Empfangschein für diese Zahlung beizulegen.

     Der von Ihnen erwartete Stricke ist nun wirklich ausgebrochen; ich wünsche, daß die Sache leidlich endet; wenn sie im Sinne der Arbeiter u in weitern Kreisen verliefe, | so müßte sie bedeutenden Einfluß auf die Literatur gewinnen, und fürs erste keinen guten. Auf der andern Seite kann man den Arbeitsleuten eine Verbesserung ihrer Lage auch nicht mißgönnen.

     Ich weiß nicht, ob Sie eine Verwahrung gegen Nachdrucke etc auf Ihre Verlagswerke zu drucken pflegen; für meine Person liebe ich dergleichen Verzierungen nicht. Dagegen pflegen die Herren Zeitungsverleger u Redaktoren meines Vaterlandes mit oder ohne Anfragen über meine Sachen herzufallen, wenn etwas erscheint, unter dem Prätext, dem Büchlein zu nützen. In Wahrheit schadet es aber nur; denn die Leute | sind dann mit dem vorgesetzten Muster ganz befriedigt u lassen das Buch links liegen. Ein Werklein von 9 Bogen ist auf diese Weise leicht aufzufressen. Wenn es Ihnen daher recht ist, so werde ich alle derartigen Erlaubnißgesuche auch befreundeten Leuten gegenüber rund abschlagen u mich hiebei auf Ihre entschiedene Nichteinwilligung berufen.

     Mit ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                G. Keller
Zürich 18 Januar 1872.

 


 

Januar 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 103; unveröffentlicht>

Stuttgart Januar 1872

Hochverehrter Herr

Ihr Geehrtes vom 18 dss ist mir richtig geworden, und ich ersehe daraus wohlgehend den richtigen Eingang meiner Geldsendung.

     Der Setzer u Drucker Strike ist in der schönsten Blüthe. Von Seiten der Gehülfen wird er mit höchster Erbitterung geführt, und keine Waffen, selbst die der Unwahrheit und Entstellung sind ihnen zu gering. Die Principale kamen den Forderungen mit dem Normaltarif und 10% Localaufschlag entgegen, und bis Juli mit 162/3% - aber die Leute sind einmal verrannt, und irregeführt, so daß ihnen 40% noch nicht genug sind, u. sie, sobald sie diese hätten, schon für künftig weiteren Aufschlag im Hinterhalte haben.

     Die Verleger werden endlich die - seit 8 Jahren - andauernde Ueberproduction einstellen; es wird vieles Mittelmäßige nicht mehr gedruckt, das zu edirende Gute aber zu namhaft höheren Preisen angesetzt werden. |

     Das Publicum wird hiezu ein sehr saures Gesicht machen, denn die wohlfeilen Classiker Ausgaben haben es schon so verwöhnt, daß, außer bei wissenschaftlichen Büchern, kaum ein anständiger Preis gemacht werden kann.

     Eine Verwahrung gegen Nachdruck drucke ich auf keinem meiner Verlagswerke, denn es hat keinen Werth. In Deutschland würde ein Nachdruck, welcher unberechtigt in einer Zeitung erschiene, sofort gerichtlich verfolgt werden können.

     Anders ist es aber der Schweiz gegenüber. Diese hatte früher Alles was bei uns erschien nachgedruckt, aber der Verein der Buchhändler hat diesem Treiben seit länger einen guten Riegel vorgeschoben. Was aber die Zeitungen nachdrucken, das müssen wir erleiden, denn da die Schweiz keine internationale Verträge hat, so hat sie für Fremdes auch kein Verlagsrecht; ein Fall ausgenommen, und gerade dieser trifft bei unserer Edition zusammen mit unserem Wunsche das Buch gegen Plünderung zu schützen, die unter allen Fällen nur nachtheilig wäre.

          Das Schweizerische Recht bestimmt:

     Das Concordat der Schweizerkantone über den Schutz des schriftstellerischen Eigenthums gewährt dem Verlagsrecht | für Werke, welche in einem der betreffenden Kantone verlegt oder herausgegeben, oder, wenn von Angehörigen auswärts publicirt, dort deponirt sind, einen Schutz auf 30 Jahre pp.

Der Vertrag der eidgenöss. Stände ist vom 1 Janr 1857 in Kraft, und der betreffende Passus lautet in demselben des Näheren:

    Artikel 1. Die Schriftsteller haben das ausschließliche Recht ihre Erzeugnisse zu veröffentlichen.

     Dieses Recht bezieht sich auf alle Erzeugnisse der Lit u Kunst, welche in einem der concordirenden Kantone verlegt oder herausgegeben werden.

     Diejenigen Bürger dieser Cantone (Zürich, Bern, Uri, Unterwalden, Glarus, Basel, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden, Thurgau, Tessin, Waadt, Genf) welche ihre Werke außerhalb dem Gebiete derselben publiciren, können jenes Recht ebenfalls erwerben, wenn sie jeweilen ein Exemplar bei ihrer Kantonsregierung deponiren, und für amtliche Bekanntmachung ihrer Autorschaft sorgen.

     Wollten Sie also Ihr Werk vor Plünderung schützen, so müßte ein Expl. in Zürich deponirt u. Ihre Autorschaft amtlich bekannt gemacht werden. Damit wäre jedem Nachdrucker ohne Weiteres der Weg verlegt, und die Strafen sind derart (Confiscation u Geld bis zu fcs 1000-) daß sich Jeder vor einem solchen Schritt hüten würde.

     Die 7 Legenden sind schon seit 8 Tagen ausgesetzt und corrigirt, aber ich kann die letzten Revisionsabzüge, wegen | Personalmangel noch nicht erhalten. Sie sind mir aber bis übermorgen versprochen, und zu jenem Zeitpunkt hoffe ich Ihnen das Ganze zur Revision übersenden zu können.

     Inzwischen empfehle ich mich
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                Ferd. Weibert.

 


 

25. 1. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/5; GB 3.2, S. 228>

Hochgeehrter Herr!
 
Beiliegend erhalten Sie die mir gefäll. übersandten Revisionsbogen zurück und gewärtige gerne den Rest. Ich bedaure die Verlegenheiten, in welche Sie durch die Stricke-Geschichten kommen. Wenn letztere indessen die Folge hätten, daß weniger gedruckt u geschrieben würde, so wäre das noch ein Segen im Unglück. Aber freilich, es gehörte eben auch ein anderes Publikum zur Sache, als das deutsch lesende. Erst dieser Tage ist mir in Amtsgeschäften in einem Steuerprocesse das Vermögensinventar eines | verstorbenen reichen Geschäftsmannes durch die Hände gegangen, in welchem neben einem Silbergeschirr von 4000 Fr. Werth für 56 Franks Bücher figurirten.

     Den Nachdruck in der Schweiz betreffend, so haben wir das von Ihnen angeführte Concordat nicht nöthig, da mit allen deutschen Staaten seit 1869 Verträge existiren. Ich lege Ihnen dieselben bei, da Sie vielleicht hin u wieder davon Gebrauch machen können. Auch für das Innere der Schweiz wird bald allgemein gesorgt sein, indem der Schutz des literarischen Eigenthums durch die gegenwärtige Revision der Bundesverfassung eingeführt wird. Ich wollte Sie dagegen ersuchen, | allfällige Anfragen über Erlaubniß zum Abdruck eines Stückes in Zeitungsfeuilletons, welche in biederer Weise an mich gerichtet werden, ebenfalls zurückzuweisen, wenn ich mich beim Abschlagen solcher Gesuche auf den Herren Verleger berufe.

     Mit ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                G. Keller
Zürich 25. I. 72

 


 

29. 1. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 104; unveröffentlicht>

Stuttgart 29 Januar 1872.

Hochverehrter Herr
 
Mit Ihrem Geehrten vom 25 dss habe ich Revision 1/6 zurückerhalten, welche sofort in die Druckerei wanderten.

     Heute gingen dagegen Bog 7/10 an Sie ab.

     Der Strike scheint noch lange nicht beendigt zu werden. Unsere hiesigen Setzer sind ausgewandert, und fremde kommen nicht, weil die Strikler sie durch alle möglichen Mittel abhalten.

     Gewiß ist es ein Segen, wenn weniger gedruckt wird - geschrieben wird aber wohl deßhalb kein Wort weniger werden, und die Verleger müssen nun schon hartherziger werden, und mehr ablehnen, als seither geschehen.

     Für gefl. Mittheilung der internationalen Verträge danke ich verbindlich. Darnach wäre Ihr Buch auch in der Schweiz geschützt, und sollten sich Zeitungen zum Abdruck melden, so werde ich - wie Sie, hochverehrter Herr - unbedingt ablehnen.

     Ich hoffe Ihnen bald | Aushängebogen zugehen lassen zu können, und empfehle mich Ihnen

                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                                                                                        Ferd. Weibert.

 


 

11. 2. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/6; GB 3.2, S. 229>

Zürich 11 Febr. 1872.

Hochgeehrter Herr!
 
Hiemit sende ich Ihnen das besprochene Anhängsel zu der 7ten Legende oder dem "Tanzlegendchen". Nun muß ich Sie aber ersuchen, weiter vorn in demselben Stücke noch eine kleine Correktur vornehmen zu wollen, da ich den Text nicht mehr bei Handen habe. Wo nämlich erzählt wird, daß die Musen, was Gregor von Nyssa zwar bestreite, derjenige von Nazianz aber aufrecht halte, zuweilen im Himmel Aushülfe leisten müßten etc., ist nun, dem neuen Schlusse gemäß, statt der gegenwärtigen Zeit, die vergangene in den bezüglichen Zeitwörtern zu gebrauchen, so daß | statt "müssen" es heißen soll "mußten" etc etc.

     Für Verursachung dieser Bemühung um Entschuldigung bittend verbleibe ich mit ausgezeichneter Hochachtung und Ergebenheit

                                                Ihr
                                                G. Keller.

 


 

19. 3. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 105; unveröffentlicht>

Stuttgart 19. März 1872

Hochverehrter Herr
 
im Anschlusse beehre ich mich Ihnen 25 Freiexemplare der "Sieben Legenden" zu übermachen, u hoffe daß das Büchlein, so, wie es fertig ausgestattet vorliegt, Ihres Beifalls sich erfreuen möge.

     In ungefähr 8 Tagen wird dann die allgemeine Versendung vorgenommen.

     Alles, was Etwas von diesem Buche in Erfahrung brachte, so Freiligrath, Prof. Scherer, Prof. Moerike, Dr Vollmer pp freut sich unendlich auf diese Gabe, und ich kann nicht umhin Ihnen, hochverehrter Herr, wiederholt meinen verbindlichsten Dank für diesen Verlag auszusprechen!

     Möchten Sie meine Firma auch in Zukunft nicht vergessen! Sie dürfen überzeugt sein, daß mir Alles willkommen ist, was aus Ihrer Feder fließt. Ihre Werke sind mir nicht nur Geschäftssache, wie so vielen Verlegern, sondern weit mehr Ehrensache, und gereichen mir persönlich zu wahrem Vergnügen.

     Bei meiner früheren Anfrage hatten Sie die Güte mir mitzutheilen, daß ein größeres Werk von Ihnen schon vergeben sei. Sollte dieß, wie ich fast annehmen möchte, die Fortsetzung der Leute von Seldwyla sein, und sollte Ihr früherer Verleger jetzt weniger | Lust zur Uebernahme haben, da er seit Jahrzehnten nur noch technische Werke edirt, so möchte ich auch in diesem Falle Ihnen meinen Verlag empfehlen. Es ist aber selbstverständlich, daß ich Sie hiemit nicht veranlassen möchte, gegebene Versprechen zu brechen.

     Ich verbleibe
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ganz ergebener
                                                Ferd. Weibert.
                                                G. J. Göschen'sche Verlagshdlg.

 


 

22. 3. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 106; unveröffentlicht>

Stuttgart 22 März 1872

Hochverehrter Herr
 
meine Sendung mit den Freiexemplaren der "Sieben Legenden" wird hoffentlich gut bei Ihnen angelangt sein, und ich beehre mich heute Ihnen anliegendes Inserat für Ihr Werk zu übermachen, mit der höfl. Bitte mir gefl. sagen zu wollen, ob Sie mit der Fassung desselben einverstanden sind.

     Herrn Freiligrath habe ich gestern Ihr Büchlein übergeben. Er hatte eine große Freude daran, und trägt mir auf Ihnen seine freundlichsten Grüße zu übermitteln.

     Ich verbleibe
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                                                                                        Ihr gzergebener
                                                                                                                        Ferd. Weibert.

 


 

24. 3. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/7; GB 3.2, S. 230>

Zürich 24 März 1872.

Hochgeehrtester Herr!
 
Die 25 Freiexemplare der Legenden sind wohlbehalten angekommen und ich danke Ihnen verbindlichst sowol für die Sendung als auch für den wohlwollenden Brief mit welchem Sie dieselbe zu begleiten so freundlich waren. Es ist mir lieb, daß Sie Freiligrath gleich ein Exemplar gegeben haben. Darf ich Sie bitten, seine Grüße herzlichst für mich zu erwiedern.

     Sodann sende ich Ihnen den Inseratsentwurf zurück, welchen Sie mir mit geehrtem Schreiben vom 22 dieß mitzutheilen so gefällig sind. Ich habe mir ein par Abänderungen erlaubt, die eine etwas unrichtige Auffassung verhindern sollen. Namentlich habe ich die Legenden nicht mittelst "einzelner Pinselstriche" bearbeitet, sondern es sind völlig frei geschriebene kleine Novellen. Bei der Mehrzahl nahm der Raum der zu Grunde liegenden Erzählung in der von mir benutzten Quelle kaum eine Seite, auch nur eine halbe Druckseite ein, und über zwei bis drei Seiten lang, vom gleichen | Druck, wie Ihr Büchlein, ist keines meiner Urbilder.

     Da ich jetzt hoffe, meine Muße wieder mehr der literarischen Produktion zuwenden zu können und sogar manigfache Projekte u Anfänge vorhanden sind, so werde ich wohl in den Fall kommen, von Ihrer freundlichen Unternehmungslust in Zukunft wieder Gebrauch zu machen, obschon ich für den 2t. Band der Leute von Seldwyla allerdings dem Vieweg'schen Verlage verpflichtet bin und auch bezüglich eines anderen Werkleins schon seit Jahren ein Abkommen getroffen ist. Ich glaube daß nach Abwicklung dieser Dinge und je nach der Aufnahme, die sie finden, sich eine An- und Aussicht für mein weiteres Gebahren wird feststellen lassen.

     Um es diesmal nicht zu vergessen, ersuche ich Sie, auf der Adresse meinen Titel als Mitglied des Großen Rathes weglassen zu wollen; ich wurde nämlich | schon seit einigen Jahren von meinen Herren Mitbürgern und Bauern nicht mehr gewählt, sodaß ich nicht mehr in unserm Kantonsparlamentchen sitze und zur Zeit lediglich der Staatsschreiber unserer kleinen alten Republik bin.

     Mit ausgezeichneter Hochachtung
                                                verbleibe ich Ihr ergebener
                                                Gottfr. Keller

 


 

30. 3. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 107; unveröffentlicht>

Stuttgart 30 März 1872.

Hochverehrter Herr
 
Ihr Geehrtes vom 24dss ist mir geworden, und ich entnahm demselben das von Ihnen verbesserte Inserat für Ihre "Sieben Legenden", welches ich ganz nach Ihrer Fassung verwenden werde.

     Für die mir ausgedrückten wohlwollenden Gesinnungen danke ich verbindlich, und bitte, sie mir erhalten zu wollen. Es wird mir stets zur Ehre gereichen, ein Werk aus Ihrer Feder zu verlegen, und ich möchte nur wünschen, daß dieß recht bald geschehen könnte.

     Ich wollte dieser Tage mit einem Exemplar Ihrer Legenden zu Prof. Vischer wandern, traf ihn aber nun zufällig, und erfuhr von ihm, daß er das Buch schon von Ihnen erhalten habe.

     Er wird einem lange gegebenen Versprechen nachkommen, und im | Anschluß der "Legenden" einen größeren Artikel über Sie und Ihre Werke, voraussichtlich für die Allgemeine Zeitg, schreiben.

     Zum Schlusse möchte ich Ihnen noch mittheilen, daß ich Linggs neuestes Werk durch die Schabelitz'sche Buchhdlg dorten an Sie adressirte, welches ich Sie bitte gefl. Ihrer Bibliothek einverleiben zu wollen.

     Ich empfehle mich Ihnen
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebener
                                                Ferd. Weibert.

 


 

13. 4. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/8; GB 3.2, S. 231>

Zürich, den 13. April 1872

Hochverehrter Herr!
 
Ich bin Ihnen noch meinen verbindlichen Dank schuldig für die gütige Uebersendung der Lingg'schen neuen Dichtungen, welche ich successive bei schönem Frühlingswetter genieße. Sodann danke ich ebe<n>falls höflich für die mir zugesandte Nummer der Allgemeinen Zeitung mit dem Artikel über unser Büchlein. Dem ganzen Tenor nach zu urtheilen sowie wegen der pressanten Abfassung des Artikels ist [der] derselbe ohne Zweifel von Berthold Auerbach. Mit dem | Satze von den cölibatären Phantasieen am Schlusse hat er mir übrigens einen geringen Dienst geleistet.

     Indem ich nun wünsche, daß das Unternehmen uns beiden nicht übel bekommen möge, verbleibe ich mit ausgezeichneter Hochachtung

                                                Ihr ergeb.
                                                G. Keller.

 


 

28. 5. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 108; unveröffentlicht>

Stuttgart 28 Mai 1872

Hochverehrter Herr
 
ich beehrte mich Ihnen unlängst eine weitere Recension Ihrer 7 Legenden zu übermachen, u werde im Stande sein Ihnen demnächst eine ähnliche in der "Europa" erschienene nachzusenden, welche ich noch nicht empfangen, aber vor 8 Tagen verschrieben habe.

     Heute gereicht es mir zu großem Vergnügen Ihnen mitzutheilen, daß die 7 Legenden nach ausgedehnter Versendung so stark nachverlangt worden sind, daß der Vorrath auf wenige Exemplare zusammengegangen ist. Obgleich nun fast Alles à Condition (d. h. mit Recht der Rücksendung zur nächsten Ostermesse des nicht Abgesetzten) bestellt und verschickt ist, so läßt sich doch annehmen, daß der größte Theil der Auflage schon verkauft ist.

     Ich möchte deßhalb, und um den Fluß des Buches nicht zu stören, sofort mit der Herstellung einer zweiten Auflage beginnen, beehre mich Ihnen angeschloßen das stipulirte Honorar mit

                                    rt 200.- in # preuß. Cassenscheinen

zu übermachen, und werde Ihnen in den nächsten Tagen schon Revisionsbogen zugehen lassen können.

     Ich hoffe, daß Sie mit dem seitherigen Erfolg und meinen bescheidenen Bemühungen, dem Eingange des Buches jeden möglichen Vorschub zu leisten, nicht unzufrieden sein werden. Der herrliche Gegenstand verdient durchschlagenden Erfolg!

     In den letzten Wochen hatte ich mir Ihre im Winterschen Verlage erschienenen "Gedichte" verschrieben, | und bin ganz entzückt von diesen prächtigen Gebilden. Ich that dieß mit dem Hintergedanken, diese Sammlung möglicherweise für meinen Verlag anzukaufen, wurde aber leider sehr enttäuscht, als ich das Buch statt von Winter mit Factur von Orell Füssli u Co erhielt, welche Firma mir also zuvorgekommen ist.

     Ich kann nicht begreifen, daß von jenen Gedichten keine 2te Auflage erscheint. Ganz gewiß würden Sie gegen Maculirung des Restes der 1t. Aufl. eine 2te ohne Honorar gestatten, und ich bin überzeugt, daß, sobald das Buch nur wieder in Fluß käme, weitere Auflagen folgen könnten. Miniaturausgaben sind gegenwärtig ohnedem von Octav verdrängt.

     Ich schließe mit meinem alten heißen Wunsche, daß Sie recht bald in die Lage kommen möchten, mir wieder etwas so Vortreffliches wie die 7 Legenden zu übertragen, und verbleibe heute wie immer

                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ganz ergebener
                                                Ferd. Weibert.

# ich muß sächsische Scheine senden, da preußische nicht aufzutreiben sind. Ich hoffe, daß sie in Zürich ebenso leicht zu verwenden sein werden, als z. B. hier.

 


 

31. 5. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/9; GB 3.2, S. 232>

Zürich 31 Mai 1872.

Hochgeehrter Herr
 
Es ist mir allerdings eine freundliche u angenehme Ueberraschung daß Sie eine zweite Auflage der Legenden nach so kurzer Zeit veranstalten wollen, und ich möchte es gerne als ein aufmunterndes Glückszeichen betrachten für eine anhaltende Wiederaufnahme u Abrundung meiner poetisch-literarischen Existenz. Sollten Sie indessen durch Ihr rasches Vorgehen wirklich zu Schaden kommen, so läßt sich derselbe bei Gelegenheit nachträglich schon ausgleichen; denn bei dem etwas starken Honorar möchte ich das nicht haben.

     Beifolgend belieben Sie den Empfangschein für die mir unter'm 28 dieß gefällig übersandten 200 Thaler mit meinem höflichen Danke entgegenzunehmen.

     Ebenso danke ich bestens für die mir freundlichst zugesendeten Recensionen. In der Europa habe ich eine solche nicht bemerkt. Das erste Maiheft der Revue des deux mondes hat die Uebersetzung der ersten Legende "Eugenia" mit einer kurzen Besprechung gebracht; die Uebersetzung schien mir ganz gut zu sein u besser als diejenige einer anderen, der letzten Legende, in der Lausanner Bibliothèque Universelle. Der etwelche Erfolg dürfte doch hauptsächlich | in dem unversehenen Abspringen des Büchleins auf einen weltbekannten u doch so zur Seite liegenden Stoff liegen. Dabei muß ich aber dankbar der wohlthuenden Freundlichkeit gedenken, welche Sie von Anfang an dem kleinen Wesen zugewendet haben.

     Was Sie von meinen Gedichten schreiben, bringt mich auf eine Angelegenheit, welche mich in der Zukunft noch mehrfach beschäftigen wird. Leider sind dieselben (vor 26 Jahren erschienen) ohne mein Wissen schon vor manchen Jahren in die Hand von Orell, Füßli u C. übergangen, nachdem der frühere Inhaber der C.¿ A.¿ Winter'schen Handlung gestorben war. Hätte ich eine Ahnung gehabt, so hätte ich den Rest der Auflage für den geringen Preis, der dafür gezahlt worden sein wird, natürlich selbst an mich gezogen.

     Ein Bändchen "Neuere Gedichte" kam in den 50er Jahren bei Vieweg heraus. Bei einer Gelegenheit, als ein bei demselben Herrn Verleger erschienener Roman von mir in einer beschränkten Anzahl von Exemplaren speziell in Zürich zu 5 Frs. (statt 26 Frs) verkauft wurde, bat ich Hrn. Vieweg, es mir doch zu sagen, wenn er etwa die neuern Gedichte auch antiquarisch zu verkaufen gedächte. Es wurde mir hierauf nichts eröffnet. Seit ½ Jahr aber stehen diese Gedichte an einem Schaufenster einer Zürcher Sortimentshandlung zu stark ermäßigtem Preise ausgestellt. |

     Dieser Sachlage gegenüber existirt nun mein Wunsch u Projekt, in etwa 2 Jahren, nachdem die erforderliche Arbeit gethan sein wird, Gesammelte Gedichte herauszugeben, bestehend aus den purificirten beiden, viel Unreifes enthaltenden Erstlingsbändchen u einem starken Zuwachs noch ungedruckter lyrischer Sachen. Die beiden früheren Bändchen werde ich in keinem Fall in der jetzigen Gestalt wieder abdrucken lassen. Die Frage wird nun sein, wie ich freie Hand bekommen kann für eine anständige u gereifte Gesammtausgabe der Gedichte. Am besten wird sein, die Sache im Stillen abzuwarten, bis ich fertig bin; vielleicht haben bis dahin die Herren jene armen Jugendbändchen glücklich vertrödelt. Mit den Vieweg'schen ist es in diesem Falle dann überall aus. Mit Orell, Füßli u C. läßt sich vielleicht, wenn ich bestimmt erkläre, daß ich sein Bändchen, wie es ist, durchaus nicht mehr erneuern lasse, vielleicht auch ein Abkommen treffen, obgleich diese Firma nicht ohne Absicht das Büchlein so hinter meinem Rücken aquirirt haben wird.

     Für den Fall aber, daß ich wirklich mit 1 u 2 Bänden gesammelter Gedichte frei werde absegeln können, denke ich mir jetzt schon gerne Ihren Verlag als einen besonders geeigneten u Glück verheißenden, u habe in diesem Sinne diese vorläufige Meldung | von meinen lyrischen Schicksalen machen wollen, schon um Ihre Aeußerungen nicht unerwiedert zu lassen.

     Auch zu Anderem kommt schon Zeit u Rath, wie denn ein erzählender Band, der noch keinerlei Herren hat, auch in der Entwicklung liegt.

     Mit ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebenster
                                                G. Keller.

Revisionsbogen der 2t. Auflage sind mir allerdings erwünscht; denn schon habe ich in der 1t. Auflage ein Dutzend Stylkorrekturen angemerkt, u zwar keine überflüssigen.

 


 

31. 5. 1872  Keller  an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/10; unveröffentlicht>

Empfangschein

Der Unterzeichnete bescheinigt anmit, von der G. J. Göschen'schen Verlagshandlung in Stuttgart 350 fl als das contractgemäße Honorar für eine zweite Auflage der "Sieben Legenden" in zwei "Hundert Thaler" Noten der Sächsischen Bank in Dresden richtig empfangen zu haben.

Zürich den 31 Mai 1872
                                                Dr. Gottfried Keller.

 


 

7. 6. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 109; unveröffentlicht>

Stuttgart 7 Juni 1872

Hochverehrter Herr

Ihr Geehrtes vom 31. v. M. versichert mich des Eintreffens der Honorarsendung für die 2te Auflage der "Sieben Legenden" und Ihrer wohlwollenden Gesinnungen bezüglich des raschen Vorgehens mit dem Neudruck. Ich bin der Zuversicht, daß der Absatz meine Handlungsweise rechtfertigen wird, u ich wünsche nur, daß es mir gestattet sein möchte, Ihnen recht bald eine dritte Auflage anzuzeigen.

     Von der ersten Auflage habe ich jetzt kein Exemplar mehr, und die Bestellungen der letzten Tage sind auf 54 Ex für feste Rechnung, und ca 40 à Condition aufgelaufen. Das verspricht das Beste; jetzt noch eine reichliche à Condition Versendung, so hoffe ich daß bis zum Schluß des Jahres ein schönes Resultat erzielt sein wird.

     Die Legenden sind eben auch meisterhaft behandelt, darin stimmen alle Urtheile überein, die ich gehört. Ed. Mörike, dessen Kritik ich aus langjährigem Verkehr am höchsten stelle, sagte: einen größeren Genuß als diese Lectüre hätte er seit lange nicht gehabt, und eine vollendetere Darstellung wüßte er an keinem neueren Buche zu rühmen.

     Ihre gütigen Bemerkungen bezüglich der "Gedichte" haben mich sehr interessirt. Kommt der Mitbesitzer von Orell Füssli u Co (Heinrich Wild, mit dem ich vor Jahren sehr befreundet war) zur Messe (17. d. M.) hieher, so werde ich versuchen, etwas Näheres über seine Absichten zu erfahren.

     Jedenfalls dürfen Sie versichert sein, | daß ich Ihre sämmtl. Gedichte in 1 oder 2 Bänden als eine Zierde meines Verlags betrachten würde, und ich möchte mich jetzt schon um dieselben bewerben, wenn sie auch erst in 2 Jahren erscheinen können.

     Ihre neueren Gedichte (so wie Ihre übrigen Werke) liegen bei Vieweg in einem technischen Verlag begraben. Ich denke mir daß V. in den 50er Jahren einmal daran dachte seine Verlagsrichtung zu ändern, und damals auch Ihre Werke übernahm. Seither hat er aber nichts weiter in ähnlicher Richtung gebracht. Dadurch daß Ihre Werke so vereinzelt dastehen (soviel ich weiß besitzt V. von früherem Verlag außer Technischem nur noch Goethes Hermann u D. sowie Campes Robinson) ist es wohl erklärlich, daß er Einzelnes davon zu antiquarischen Preisen veräußerte, da er wohl nicht die Zeit findet, seine Aufmerksamkeit auf diese abseits liegenden Werke zu verwenden.

     Würde es denkbar sein, daß V. auf die Fortsetzung der Leute von Seldwyla verzichtete, so würde ich versuchen das Erschienene an mich zu bringen, denn ich glaube kaum, daß er sich, selbst unter günstigsten Bedingungen, dazu entschließen könnte, eine neue Auflage des Erschienenen zu veranstalten, u nach meiner unmaßgeblichen Ansicht kann die Fortsetzung nur unter dieser Voraussetzung prosperiren.

     Sie sind so freundlich mir ferner mitzutheilen, daß ein erzählender Band "der noch keinerlei Herrn hat" in der Entwicklung begriffen ist. Darf ich hoffen, daß Sie denselben fernerhin nicht mehr herrenlos betrachten, u daß Sie meine Firma auf das Titelblatt schreiben?

     Zum Schlusse danke ich aufs Neue für Ihr gütiges Vertrauen, das Sie bei Ihren Mittheilungen in mich setzen. Sie dürfen überzeugt sein, daß ich Alles aufbiete, eine so hochehrenhafte Verbindung zu | erhalten, wie mir auch jede Ihrer Zeilen ein freudiges Ereigniß ist.

     Ich verbleibe
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ganz ergebener
                                                Ferd. Weibert.

P. S. Revision Bog 1. 2. der 2t. Aufl. der 7 Legenden sind vor 2 Stunden auf die Post gekommen.

 


 

10. 12. 1872  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr.110; unveröffentlicht>

                                                            Stuttgart 10 Decbr 72.

Hochverehrter Herr
 
Ihr Geehrtes vom 5 dss ist mir geworden, und ich ersehe daraus sehr gerne, daß Ihnen Linggs Candiano richtig zugegangen.

     Die neue Gedichtesammlung G. Herweghs habe ich noch nicht erhalten können. Nach Andeutungen des Dichters wäre die gegenwärtige politische Lage nicht darnach, daß sie wirkungsvoll publicirt werden könnte.

     Ihre Grüße an Freiligrath habe ich pflichtgemäß bestellt, und er hat mir aufgetragen, sie in seinem Namen freundlichst zu erwiedern.

     Darf ich mir noch eine Anfrage erlauben. Sie hatten seiner Zeit eines Bandes Erzählungen erwähnt, welcher "noch keinen Herrn hätte". Sie wissen, daß es mir eine große Ehre wäre, denselben von Ihnen zu erhalten. Jedermann wäre erfreut wieder etwas Neues | von Ihnen zu bekommen. Wäre es Ihnen möglich denselben bis zum nächsten Sommer abzuschließen - ich möchte Sie in keiner Weise drängen - und würden Sie mir das Vergnügen machen, ihn meinem Verlage zuzusagen?

                                                Ich empfehle mich Ihnen
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ergebener
                                                F. Weibert.

 


 

13. 12. 1872  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr.11/12; GB 3.2, S. 234>

                                                            Zürich 13 Dec. 1872.

Hochgeehrter Herr!
 
Sie sind abermals sehr freundlich, mir Ihren Verlag für eines meiner Opuscula anzubieten. Der Band, von dem ich Ihnen einmal sprach, würde aus einer vor 12 Jahren in Auerbachs Volkskalender erschienenen Erzählung "Das Fähnlein der sieben Aufrechten" und einer noch zu schreibenden Erzählung bestehen, die bereits angefangen ist. Vielleicht kommt noch etwas hinzu. Diesen Winter kann ich aber nichts daran machen. Herr | Vieweg drängt nämlich auf Abschluß des 2t. Bandes der "Leute von Seldwyla", da er zugleich mit demselben eine 2t. Auflage des 1t. Bandes erscheinen lassen will, die nöthig geworden ist. So muß ich mich nun zunächst an diese Sache halten. Im Februar werde ich indessen davon frei sein. Bin ich einst so weit, so werde wir auf jenen projektirten Band zurückkommen; ehe ich ein Manuskript fix u fertig habe, darüber zu verfügen, habe ich abgeschworen, da ich an alten Schmerzen u Thorheiten derart jetzt noch zu büßen habe. |

     Wen<n> Herwegh unter seinen neuen Gedichten nicht einen Stock rein poetischer Sachen hat, die um ihrer selbst willen da sind, so thut er allerdings besser, eine günstigere Zeit für seine polit. Sachen abzuwarten.

                                                Ihr mit ausgezeichneter
                                                Hochachtung ergebener
                                                G. Keller.

 
 

24. 2. 1873  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr.112; GB 3.2, S. 235 z. T.>

                                                            Stuttgart 24. Febr 1873.

Hochverehrter Herr
 
Ihr sehr Geehrtes vom 13 Decbr. komme ich erst heute zu beantworten, da Sie mir mittheilten, daß Vieweg auf den 2ten Band der "Leute von Seldwyla" dringe, und Sie denselben bis Februar abgeschlossen haben werden. Ich wollte Sie in dieser, nun abgelaufenen Zeit nicht aufs Neue belästigen; auch heute möchte ich dieß nicht thun, nur danken möchte ich Ihnen für die Aussicht, welche Sie mir auf einen Band Erzählungen eröffnen. Daß ich mich auf denselben von ganzem Herzen freue, daß ich mich stolz fühlen werde, denselben unter meiner Firma bringen zu dürfen, brauche ich Ihnen, hochverehrter Herr, nicht zu versichern!

     Ich habe sr. Zt Herrn Freiligrath Ihr Geehrtes mitgetheilt, und er freute sich mit mir auf ein neues Werk Ihrer Feder. Er hat mir damals aufgetragen Ihnen bei Beantwortung seine besten Grüße auszurichten. Ich thue dieß sehr spät, und in einer Zeit, in welcher der verehrte Mann in großer Angst und | Sorge schwebt, da sein jüngster Sohn todtkrank darniederliegt. Dieser ist gegenwärtig einjährig Freiwilliger in württbn. Diensten, kam vor 8 Tagen mit leichtem Unwohlsein nach Haus, bekam dann den Scharlach, und wie es scheint, ist diese Krankheit nervös geworden. Wie ich von der Dienerschaft erfahren, ist sehr wenig Hoffnung vorhanden. Die alten guten Eltern, wenn sie dieses Schlimmste noch erfahren müssten! ich wünsche von ganzem Herzen, daß ein solcher Leidenskelch an ihnen vorüber gehen möchte.

     In einer der neuesten Nummern der Allgem. Ztg finde ich Joh. < FACE="Arial">Scherr's Sauerampfer besprochen. Ich bedaure sehr mich nicht früher schon auf Freiligraths Rathe, an diesen verehrten Meister gewandt zu haben. Jetzt, nach dem harten Schlage, der ihn betroffen, ist es vollends unmöglich mit geschäftl. Dingen zu kommen.

     Ich schließe, und kann nur wiederholen, daß nicht nur Ihre Freunde, sondern auch Ihre Verehrer, wie Prof. Mörike, Prof. Scherer, O. Müller, Dr Vollmer u. A. mit Spannung Ihren neuen Werken entgegensehen, und daß Sie bedauerten, Ihre Gedichte nicht auch in neuer Ausgabe haben zu können. Letzteres habe ich ihnen zu meiner Freude in Aussicht stellen können.

                                                In ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr ganz ergebener
                                                Ferd. Weibert.

 
 

5. 3. 1873  Keller an Ferdinand Weibert

<ZB: Ms. GK 77 Nr. 11/13; GB 3.2, S. 236>

Zürich 5 März 1873

Hochgeehrter Herr!
 
Ich danke Ihnen für die freundlichen Zeilen, welche Sie unter'm 24 Febr. mir haben zukommen lassen. Das Unglück bei Freiligrath ist laut erhaltener Anzeige seither leider eingetroffen und der blühende Sohn todt und hin! Ich war letzten Sommer, als die Eltern einen Tag hier waren, Zeuge, mit welcher Zärtlichkeit u Sorge sie an den Gesunden dachten und nach Hause drängten, um ihn Abends wenn er aus dem Dienste käme, nicht ohne Pflege zu lassen. Und jetzt!

     Daß Herr Prof. Mörike meine kleinen Sachen nicht verachtet, freut mich über alle Maßen; möchte es mir gelingen, seine freundl. Meinung noch zu rechtfertigen, so gut als möglich. Herrn Prof Scherer habe ich dieser Tage zu schreiben Anlaß.

     Was die Verlagsangelegenheiten betrifft, so haben Sie gerade in diesem Augenblick Gelegenheit zu einem Wagniß, wenn Sie wirklich Lust haben. Ich bin nämlich mit den Leuten von Seldwyla von Herrn Vieweg | abgelöst. Als der Druck des 2t. Bandes beginnen sollte, eröffnete mir Hr. Vieweg, daß der 1t. Band vergriffen sei und er eine neue Auflage desselben in der Weise übernehmen würde, daß beide Bände zusammen als neue Ausgabe in zwei Bänden erscheinen würden u zwar in der Art, daß die alten und die neuen Erzählungen (je 5) neu zusammengestellt resp. vertheilt würden.

     Ich war schon vergnügt über diese Wendung; als aber die diesem Projekt entsprechende neue Contraktstipulation kam, enthielt dieselbe zwei Bestimmungen, welche mir nicht konveniren konnten. Während nämlich die Verträge über den 1 u 2 Band eine Auflage von 1000 festgesetzt hatten, sollte es in dem neuen Vertrag auffälliger Weise heißen "Die Größe der Auflage bestimmen die Verleger" Und als zierliche Ergänzung dieses Satzes sollte das Honorar für eine allfällig nothwendig werdende dritte u weitere Auflagen nur noch die Hälfte des Honorars der 2t. Aufl. betragen, aus welchem Grunde, war mir nicht ersichtlich.

     Da ich bei vorgerückten Jahren u für den Fall einer lebhafteren literarischen Thätigkeit | solche veraltete Verlagsherren-Maximen nicht brauchen kann, so habe ich den HH Vieweg u Sohn vorgeschlagen, das Verhältniß aufzulösen, worauf sie entgegenkommend eingingen. Nach Empfang ihrer diesfälligen Erklärung habe ich heute einen schon vor längerer Zeit erhaltenen Honorarbetrag mit Zinsen zurück bezahlt und bin dafür in den Besitz der freien Verfügung über den ersten u zweiten Band gelangt. Das Manuskript für den letzteren werde ich sofort zurück erhalten.

     Wie Sie aus beiliegendem Exemplar ersehen, ist der 1t. Band 32 Bogen stark u der 2t. wird die gleiche Stärke haben.

     Ich bin also nun in die Lage versetzt, einen neuen Herren Verleger suchen zu müssen und biete Ihnen das Geschäft hiemit in erster Linie an. Mit Bezug auf den 1t. Band ist dasselbe nicht ganz unbedenklich, da es lange gebraucht hat, bis die 1t. Auflage verkauft war. Dagegen habe ich manche Anzeichen dafür, daß ich erst anfange, ein größeres Publikum | zu kriegen; die Legenden haben offenbar den Verkauf der Leute v. S. beschleunigt u der 2t. Band dürfte auch den 1t. wieder flott machen.

     Sollten Sie die Sache probiren wollen, so wären meine Bedingungen: Honorar 2000 Francs per Band, also für das Ganze 4000 Frs. bei 1200 Auflage, das Uebrige wie bei den 7 Legenden.

     Ist es Ihnen bequemer, so kann die Honorarsumme auch in ungefähr gleichem Betrage in deutscher Währung festgesetzt werden.

     Geniren Sie sich nun nicht im Mindesten, verehrter Herr, wenn Ihnen die Sache doch nicht gelegen kommt oder gefällt, und sagen Sie mir fröhlich Ihren Entschluß, laute er ja oder nein.

     Sollten Sie den Versuch eines billigeren Preises bei größerer Auflage machen wollen, so wäre ich zu einem solchem Zwecke auch zur Festsetzung einer größeren Auflage erbötig, wenn dergleichen überhaupt praktisch ist. Meine Bekannten klagen immer über die theuren Preise, während sie freilich unbedenklich das Gleiche jeden Augenblick für ein Concert oder eine Flasche Wein verwenden. Ihr ergeb. G. Keller.

 


 

6. 3. 1873  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 114; unveröffentlicht>

Stuttgart 6 März 1873.

Hochverehrter Herr
 
Ihr Geehrtes von gestern beantworte ich umgehend, und mit großer Freude.

     Ich greife mit beiden Händen nach dem mich so hoch ehrenden Antrag, denn Sie wissen von früher, wie gerne ich Ihre "Leute v. Seldwyla" gehabt hätte, wenn sie von Vieweg zu lösen gewesen wären.

     Daß sich dieß so leicht und auf so anständige (für V. aber auf sehr wenig schmeichelhafte) Weise bewerkstelligen konnte, hätte ich nie geglaubt. Propositionen, wie die mitgetheilten, sollten von keinem ordentlichen Verleger gemacht werden.

     Ihre Bedingungen acceptire ich ohne Weiteres. Was den Druck anbelangt, so werden Sie wohl gestatten daß derselbe im Laufe des Sommers vorgenommen werde. Für dieses Frühjahr ist es schon zu spät, und eine Versendung im Mai käme gerade in die todte Zeit, u. würde für den Absatz sehr schädlich sein. Die Versendung | würde dann im Laufe des Septembers, der besten Zeit, erfolgen.

     Was nun Format und Ausstattung betrifft, so denke ichs mir ähnlich wie die 7 Legenden, nur ein wenig leichteres Papier, indem die Bände sonst zu theuer würden. Die seitherigen Steigerungen der Setzer und Drucker tragen ohnedem das ihrige dazu bei.

     Eine billigere Ausstattung bei größerer Auflage mit wohlfeilerem Preise halte ich gerade jetzt nicht sehr rathsam. Die Klagen Ihrer Bekannten über die theuren Preise würden sich bei einer wohlfeileren Ausgabe in Klagen über geringe Ausstattung und compressen Druck verwandeln, wie wir Verleger es tagtäglich hören müssen. Es sollte eben Alles halb geschenkt werden. Während Luxusartikel und Vergnügungen mit horrenden Preisen ohne Widerrede bezahlt werden, sind es allein die armen Bücher, bei welchen jeder Groschen zu viel ist.

     Ein Kritiker der Neuen freien Presse in Wien kam bei Durchsprechung der gegenwärtigen Ausgaben zu folgendem geistreichen Resultat: der deutsche Buchhandel habe zwar Ausgaben zu allen möglichen Preisen, aber die wohlfeilen seien nicht lesbar, und die lesbaren nicht wohlfeil! |

     Aus Anlaß des Leipziger Buchdruckerstrikes haben wir für übermorgen einen gleichen bei unsern hiesigen Druckereien zu gewärtigen. Nur sind es dießmal bei uns die Principale, welche durch allgemeine Kündigung der Verbandsmitglieder den Leipzigern zu Hülfe kommen, um den partiellen Strikes auf diese Weise den Garaus zu machen.

     Wird dießmal in ganz Deutschland Ernst gemacht mit dem Verband, so hoffe ich daß den maßlosen Forderungen der Gehülfen einmal ein Damm gesetzt wird. Behalten aber dießmal die Gehülfen wieder die Oberhand, dann sind die seither als theuer bezeichneten Preise noch gar nichts, gegen die kommenden. Wohin müßte ein solches Gebahren noch führen!

     Der Trauerfall in Freiligrath's Familie hat allgemeine Theilnahme erweckt, und die Näherstehenden tief erschüttert. Bei der Anhänglichkeit, die in der Familie herrscht, ist er doppelt empfindlich für die überlebenden Eltern. Der Ausspruch Freiligraths bei der Beerdigung auf eine Beileidsbezeugung: "man hält sich aufrecht" hat mich aus seinem Munde zu Thränen gerührt.

     Ich schließe mit der ergebenen | Anfrage, ob ich Ihnen jetzt schon Vertrag über die "Leute v. Seldwyla" übersenden darf, und empfehle mich

                                                in ausgezeichneter Hochachtung und Verehrung
                                                Ihr ergebener
                                                F. Weibert.

 


 

13. 3. 1873  Ferdinand Weibert an Keller

<ZB: Ms. GK 79b Nr. 115; unveröffentlicht>

Stuttgart 13 März 1873.

Hochverehrter Herr
 
Ihr sehr Geehrtes von vorgestern kam heute in meine Hände, und ich unterlasse nicht dasselbe sofort zu beantworten.

     Was die Mischung der Erzählungen anbelangt, so möchte ich die unmaßgebliche Ansicht aussprechen, daß es am Besten wäre die Eintheilung im Allgemeinen zu lassen, wie sie ist; also älteres voran, und neueres als Folge. Nur dürfte es sich empfehlen, daß das Ganze nicht in 2 sondern in 4 Bände eingetheilt würde. Das Werk sieht in dieser Gestalt stattlicher aus, und wir würden es andererseits den Leihbibliotheken zugänglicher machen, welche darauf sehen, daß die Bände nicht zu umfangreich sind. Könnten Sie sich zu dieser Eintheilung entschließen, so würde eine kleine Umstellung der Erzählungen nothwendig, um gleichmäßige Bände zu erhalten, z. B.

I Bd  Einleitung  9. S. II Bd  Frau Regel 96. S.
  Pankraz   103.        Kammmacher         87. "
  Romeo u J.   151.   Spiegel  75. "
    ---          ---
    263 S.     258  S.
dann könnte die Einleitung des Neuen den 3ten Band eröffnen. Auf dem Titelblatt möchte ich den jeweiligen Inhalt nicht empfehlen, es sieht gewiß nicht gut aus, doch könnte derselbe auf dem Umschlag unbedenklich eingefügt werden.

     Die Herausgabe des Werkes könnte dann auch bandweise erfolgen, damit das Publicum nicht gleich durch einen allerdings nicht wohlfeilen Preis abgeschreckt würde, Band 2. 3. 4. in 14 tägigen oder 3 wöchigen Fristen. Wer dann das Werk gleich complet haben will, kann es gleich complet beziehen.

     Ich überlasse hierüber die Entscheidung | ganz Ihrem besseren Ermessen.

     Das mir gefl. übersandte Schreiben von Vieweg u S. beehre ich mich Ihnen hiemit dankend zurückzustellen. Gleichzeitig lege ich Contract in duplo vor, wovon der Eine schon von mir unterfertigt ist.

     Ihren Wünschen bezüglich der Revision soll pünktlich entsprochen werden.

     Für Ihre gefl. Mittheilung über Herrn Prof. Scherr danke ich verbindlichst, u. werde nicht verfehlen, zu geeigneter Zeit bei ihm anzuklopfen.

     Ich empfehle mich Ihnen
                                                in ausgezeichneter Hochachtung
                                                Ihr verehrungsvoll ergebener
                                                                                                                        Ferd. Weibert.

Dem Vertrag ist ein § beigefügt, welcher sich bei den 7 Legenden nicht befindet, nämlich: daß die Frei- u. Recensionsexemplare über die Auflage hergestellt werden dürfen. Bei den "Legenden" war der Kostenpunkt zu geringfügig, und es ist deßhalb jener § weggeblieben.

     Ich bin überzeugt, daß Sie mir fragl. Befugniß bei den schwerer wiegenden "Leuten v. Seldwyla" gestatten werden. Ich gebrauche ca 20-30 Recensionsexemplare; bei vorliegendem Werk fast einige mehr, um ordentliche Verbreitung zu erzielen.

  

Editorial       Keller Seite       HKKA