Adolf Strodtmann (1829-1879) |
Schriftsteller, Herausgeber; ersterVertrag mit Keller über Die Leute von Seldwyla
<ZB: Ms. GK 79f3 Nr. 63>
Redaktion
des
Orion
Adr. Hoffmann & Campe.
Hamburg. d. 13. Sept. 1862.
Geehrter Herr!
Vom December d. J. an gedenke ich im Verlage von Hoffmann und Campe hieselbst eine literarisch-kritische Monatsschrift
unter dem Titel "Orion" herauszugeben, deren Hauptaufgabe es sein wird, der Kunst- und Literaturkritik wieder eine
geachtete und würdige Stellung zu erkämpfen, einen Vereinigungspunkt für die besseren Schriftsteller,
denen es Ernst mit der Kunst ist, zu bilden, und eine Brücke der Vermittlung zwischen diesen und dem
gebildeten Publikum schlagen zu helfen. Bereits haben mir namhafte Autoren, wie Friedrich Hebbel, Moritz Hartmann
etc, ihre eifrige und fortgesetzte Mitwirkung zugesagt. Für die ersten Hefte habe ich mir gleichfalls Beiträge
von Freiligrath, Fr. Vischer, Josef Bayer, Berthold Auerbach, Fr. Spielhagen, Alfred Meißner, Fr. Eggers,
Herm. Hettner, A. Schöll, Karl Simrock, Wilhelm Hertz, Adolf Stahr und Anderen erbeten, und hoffe um so mehr
auf einen günstigen Erfolg des Unternehmens, da die Fortführung desselben mir von der Verlagshandlung
unter allen Umständen auf zwei volle Jahre garantiert worden ist. |
Ich erlaube mir, durch diese Zeilen auch Sie zu thätiger Mitwirkung bei meinem Journal aufzufordern, das, vorherrschend kritischer Natur, dennoch die Produktion nicht ausschließen soll. Ich werde indeß nur solche Gedichte, kürzere Novellen etc aufnehmen, welche von erheblichem künstlerischen Werthe sind. Es würde mir lieb sein, von Ihnen gerade solche Beiträge zu erhalten, da ich weiß, daß Sie auf diesem Felde schon Treffliches geleistet haben. Natürlich würden mir aber auch kritische und ästhetische Aufsätze von Ihrer Feder jederzeit willkommen sein. Ich zahle vorläufig ein Honorar von 3 Louis d'or per 16seitigen Bogen im Formate von J. Rodenberg's "Deutschem Magazin", und hoffe, das Honorar bald erhöhen zu können. Sollten Sie schon jetzt höhere Ansprüche machen, so bitte ich Sie, mir gütigst Ihre Forderung mitzutheilen, damit ich Alles aufbieten kann, Ihren Wünschen zu entsprechen.
Es wäre mir höchst erwünscht, schon bis Anfang Novembers ein oder ein paar Gedichte von Ihnen zu erhalten. Haben Sie eine kürzere Novelle in Ihrem Pulte, die Sie mir überlassen möchten, so würden Sie mich dadurch | ganz besonders verpflichten. Im Übrigen würde ich Sie - wie alle Mitarbeiter - freundlichst ersuchen, mir von Zeit zu Zeit möglichst früh solche Themata namhaft zu machen, die Sie mit besonderer Vorliebe für meine Zeitschrift behandeln möchten. Nur die Politik als solche und die Besprechung hochwissenschaftlicher Werke, die zu Kunst und Literatur in keinem naheliegenden Bezug stehen, muß ich einstweilen von der Hand weisen.
Die strenge Gewissenhaftigkeit, mit welcher ich eine vollständige und kritische Ausgabe von H. Heine's Werken herzustellen bemüht bin, darf Ihnen einstweilen wohl als Garantie gelten, daß ich auch als Redakteur des "Orion" meine Aufgabe sehr ernst nehmen werde.
In der Hoffnung, recht bald eine zusagende Anwort von Ihnen zu erlangen,
grüßt
hochachtungsvoll
Adolf Strodtmann.
<ZB: Ms. GK 79f3 Nr. 64>
Hamburg, den 23. Febr. 1863.
Hochgeehrter Herr!
Es thut mir unendlich leid, auf die Ehre und das Vergnügen, Sie unter die Zahl meiner Mitarbeiter zu rechnen,
einstweilen verzichten zu müssen. Die mir zu Gebot stehenden finanziellen Mittel gestatten mir nicht, ein
höheres Honorar, als 25 Thlr. Pr. C. für den 16seitigen Bogen, zu zahlen, und auch dies geschieht nur
ausnahmsweise für einzelne Novellen. So gern ich daher Ihre Legenden für meine Zeitschrift acquiriert
hätte, die sich schon der allseitigsten Theilnahme und der bereitwilligsten Mitwirkung unserer namhaftesten
Schriftsteller erfreut, bedauere ich aufrichtig, Ihre Bedingungen für jetzt mit Dank ablehnen zu müssen.
Sollte sich der "Orion", wie ich hoffe, durch den inneren Werth seiner Aufsätze und den gewissenhaften Ernst
seines Strebens mit der Zeit einen so ausgedehnten Leserkreis erwerben, daß den Mitarbeitern ein Honorar
von fünfzig Thalern per Bogen gezahlt werden kann, so darf ich wohl hoffen, mir dann auch Ihre Mitwirkung
gesichert zu sehen. Bis dahin empfiehlt sich Ihnen
hochachtungsvoll
Ihr ergebener
Adolf Strodtmann.