Moritz Lazarus (1824-1903)

Editorial


 

Herausgeber der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft;
Briefwechsel mit Keller seit 1871

Anzahl registrierte Briefe: 3 an, 2 von Keller (3 ZB Zürich)


 

20. 8. 1871  Moritz Lazarus an Keller

<ZB: Ms. GK 79e Nr. 8; Lazarus 1986, S. 754>

                                                            Interlaken Pension Ober
                                                            den 20t August 1871

Lieber Freund!
 
Nach langen Zeiten ein Lebenszeichen von einem alten, in allem Schweigen treuen, Verehrer u Freunde, und zwar ohne Vorrede und Einleitung eine herzliche Bitte. Für etliche Wochen hier im Oberlande ansässig, lese ich einem kleinen Freundeskreise von Ihren Dichtungen vor, um Regentage zu erheitern, heitere zu vergolden. Nun fehlt uns das Fähnlein der 7 Aufrechten, wonach man höchst begierig ist, durch die Aussprüche derer, die es kennen. Also bitte, wollen Sie mir "das Fähnlein" leihweise auf etliche Tage hieher senden; Adresse wie oben; wenn es so sein soll, und damit es schneller u sicherer geschähe, ohne Brief, einfach unter Kreuzband. Sie werden damit den ganzen Kreis dieser Ihrer aufrichtigen Verehrer herzlich erfreuen u zugleich zu innigstem Dank verbinden Ihren

                                                alten treuen verehrenden Freund
                                                Lazarus

  


 

5. 9. 1871  Moritz Lazarus an Keller

<ZB: Ms. GK 79e Nr. 9; Lazarus 1986, S. 751>

 Hôtel Bernerhof
          Bern.

den 5t September 71

Verehrter Freund!
 
Es hat eine leise Hoffnung geschwebt, dass wir den Rückweg über < FACE="Arial">Zürich nehmen; nun sie vereitelt ist, sende ich Ihnen beifolgend Ihr Manuscript. Mit doppeltem Dank von uns Allen. Die kleine Dichtung hat uns recht erquickende Stunden gebracht. Nicht ohne eine gewisse Spannung habe ich die Beobachtung erwartet, wie die Wirkung jetzt sich zur früheren, die mir lebhaft im Gedächtniß war, verhalten werde. In der That selten habe ich bei einer neueren Dichtung, den wohlthuenden Eindruck derselben, die sanfte u wohlige Bewegung der Seele sich so rein u vollkommen nach Jahren wiederholen sehen. - Sogar das nicht geringe Hinderniß fremder Handschrift für das Vorlesen ist von dem naturvollen Reiz des Inhalts überwunden worden. Was wir unsererseits außer lauschenden Ohren u offenen Herzen noch dazu thun konnten war nur, dass wir ein gar herrliches Plätzchen im Rugen uns zum Lesen erlesen hatten; ein lauschiger, wohlumschatteter Buchenhag, mit verstohlenem Durchblick auf die Kirche von Gastein auf die Jungfrau und die Unspunnenmatte.

     Leben Sie wohl, Verehrtester, haben Sie nochmals von meiner Frau u mir u den Freunden herzinnigen Dank! Hoffentlich kann ich Sie in einem anderen Jahr persönlich begrüßen.

                                                Ihr
                                                innig ergebener
                                                Lazarus

 

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